In Fortbildungsverträgen können Rückzahlungsklauseln vereinbart werden, die Arbeitnehmer zur Rückzahlung von Fortbildungskosten verpflichten, falls sie das Unternehmen verlassen. Jedoch sind nicht alle Rückzahlungsklauseln rechtlich wirksam. In diesem Artikel erfahren Sie, unter welchen Bedingungen Arbeitnehmer Fortbildungskosten nicht zurückzahlen müssen.
Übernahme der Fortbildungskosten durch den Arbeitgeber
Für Fach- und Führungskräfte ist die berufliche Weiterbildung von entscheidender Bedeutung. Ihr Wissen und ihre Fähigkeiten sind ihr Kapital. Insbesondere bei hochwertigen Fortbildungsprogrammen oder Studiengängen, die mehrere Monate dauern, können die Fortbildungskosten ganz erheblich sein. Arbeitgeber bieten oft an, diese Kosten zu übernehmen oder sich daran zu beteiligen, um hochqualifizierte Mitarbeiter zu binden und von deren Know-how zu profitieren.
Fortbildungsvertrag mit Rückzahlungsvereinbarung
Arbeitnehmer sind nur dann zur Rückzahlung von Fortbildungskosten verpflichtet, wenn im Fortbildungsvertrag eine entsprechende Rückzahlungsvereinbarung getroffen wurde. Ohne eine solche Rückzahlungsklausel sind Arbeitnehmer nicht zur Erstattung verpflichtet. In einem solchen Vertrag verpflichtet sich der Arbeitgeber, die Fortbildungskosten zu tragen, während der Arbeitnehmer sich verpflichtet, nach Abschluss der Fortbildung für eine bestimmte Zeit im Unternehmen zu bleiben. Bei vorzeitigem Ausscheiden muss der Arbeitnehmer die Fortbildungskosten ganz oder teilweise zurückzuzahlen.
Tipp: Bedeutung des Zeitpunkts
Beachten Sie, dass die Rückzahlungsvereinbarung vor Beginn der Fortbildung im Vertrag festgelegt werden muss, um rechtlich bindend zu sein.
Wann ist eine Rückzahlungsvereinbarung unwirksam?
Eine Rückzahlungsvereinbarung, die Arbeitnehmer zur Rückzahlung von Fortbildungskosten verpflichtet, wenn er vor Ablauf der Bindungsfrist aus dem Unternehmen ausscheiden, ist grundsätzlich zulässig. Allerdings darf sie das berufliche Fortkommen nicht unverhältnismäßig beeinträchtigen. Die Rückzahlungsvereinbarung muss einen fairen Interessenausgleich zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber sicherstellen. Dabei gelten folgende Grundsätze:
1. Vorteil der Fortbildung
Eine Rückzahlungsvereinbarung ist nur zulässig, wenn die Fortbildung dem Arbeitnehmer einen Geldwerten Vorteil bringt, wie eine höhere Vergütung oder bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt (BAG, Urteil v. 05.06.2007, 9 AZR 604/06). Die erworbenen Kenntnisse müssen außerhalb des aktuellen Arbeitsverhältnisses nutzbar sein, sonst ist die Rückzahlungsvereinbarung unwirksam.
2. Angemessene Bindungsdauer
Die Bindungsdauer nach der Fortbildung darf nicht unangemessen lang sein. Sie muss im Verhältnis zur Dauer und Qualität der Qualifikation stehen (BAG, Urteil v. 14.01.2009, 3 AZR 900/07). im Einzelfall kann auch bei kürzerer Fortbildung eine verhältnismäßig lange Bindung gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitgeber ganz erhebliche Mittel aufwendet oder die Teilnahme an der Fortbildung dem Arbeitnehmer überdurchschnittlich große Vorteile bringt. Die Rechtsprechung hat folgende Grundsätze entwickelt:
Bei einer Fortbildungsdauer ohne Verpflichtung zur Arbeitsleistung (Freistellung) unter Fortzahlung der Bezüge ist eine Bindung zulässig:
Dauer der Fortbildung | Bindungsdauer | Urteil |
---|---|---|
ein Monat | sechs Monate | BAG, Urteil v. 19.01.2011, 3 AZR 621/08 |
bis zu 2 Monaten | 1 Jahr | BAG, Urteil v. 19.01.2011, 3 AZR 621/08 BAG, Urteil v. 15.12.1983, 5 AZR 279/93 |
3 bis 4 Monate | 2 Jahre | BAG, Urteil v. 19.01.2011, 3 AZR 621/08 BAG, Urteil v. 06.09.1995, 5 AZR 241/94 |
6 bis 12 Monate | 3 Jahre | BAG, Urteil v. 19.01.2011, 3 AZR 621/08 BAG, Urteil v. 11.04.1984, 5 AZR 430/82 |
mehr als 2 Jahre | 5 Jahre | BAG, Urteil v. 19.01.2011, 3 AZR 621/08 BAG, Urteil v. 19.06.1974, 5 AZR 299/73 |
Es handelt sich hier nur um Richtwerte, die je nach Qualität und Kosten der Ausbildung im Einzelfall auch abweichen können. Dabei kommt es für die Fortbildungsdauer darauf an, ob der Arbeitgeber den Arbeitnehmer für die Fortbildung unter Fortzahlung der Vergütung freistellt, oder ob er die Fortbildung nebenberuflich in seiner Freizeit absolviert. Besteht die Ausbildung aus mehreren Unterrichtsabschnitten, so sind die dazwischenliegenden Zeiten bei der Berechnung der Dauer nicht mit zu berücksichtigen (BAG, Urteil v. 6.9.1995, 5 AZR 241/94).
3. Grund für Beendigung
Eine Rückzahlungsklausel muss berücksichtigen, ob die Beendigung des Arbeitsverhältnisses in der Verantwortung des Arbeitgebers oder des Arbeitnehmers liegt (BAG, Urteil v. 11.4.2006, 9 AZR 610/05).Eine Klausel, die Arbeitnehmer zur Rückzahlung von Fortbildungskosten unabhängig vom Beendigungsgrund verpflichtet, ist unwirksam (BAG, Urteil v. 05.06.2007, 9 AZR 604/06). Der Arbeitnehmer muss durch seine eigene Betriebstreue Einfluss auf die Rückzahlungsverpflichtung nehmen können.
4. Keine Rückzahlung der Fortbildungskosten bei Nichtbestehen
Zulässig ist zwar eine Rückzahlungsvereinbarung für den Fall. dass der Arbeitnehmer die Fortbildung vorzeitig beendet. Allerdings darf die Rückzahlungspflicht nicht an das wiederholte Nichtablegen oder Nichtbestehen der Prüfung geknüpft werden, ohne die Gründe zu berücksichtigen. Ausgenommen müssen die Fälle sein, in denen die Gründe für die Nichtablegung oder das Nichtbestehen der Prüfung nicht im Verantwortungsbereich des Arbeitnehmers liegen (BAG, Urteil v. 25.04.2023, 9 AZR 187/22).
5. Transparente Kosten und Reduzierung
Die Höhe der Fortbildungskosten müssen im Fortbildungsvertrag klar aufgeschlüsselt sein. Außerdem müssen sich die Kosten nach dem Ende der Fortbildung ratierlich reduzieren (BAG, Urteil 23.04.1986, 5 AZR 159/85). Dies kann nach der Rechtsprechung in jährlichen, quartalsweisen oder monatlichen Zeitabschnitten erfolgen. Das LAG Hamm vertritt die Auffassung, dass sich die Fortbildungskosten monatlich reduzieren müssen (LAG Hamm, Urteil v. 09.03.2012, 7 Sa 1500/11).
Fazit: Alles-oder-Nichts-Prinzip
Da es keine gesetzliche Grundlage gibt, gilt das Alles-oder-nichts-Prinzip: Wenn auch nur ein Teil der Rückzahlungsklausel im Fortbildungsvertrag unwirksam ist, muss der Arbeitnehmer keine Fortbildungskosten zurückzahlen und der Arbeitgeber trägt die Kosten allen.
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